117025 Mensch und Kreativität – kritische und perspektivische Reflexionen Vortragsreihe

„Kreativität“ ist grundsätzlich eine positive menschliche Fähigkeit. Am „Genie“ erkennen wir, wozu der Mensch im Guten fähig ist. Im Mittelalter galt Kreativität ausschließlich als Eigenschaft Gottes und somit war die Begeisterung der Humanisten über die menschliche Schöpferkraft vielen suspekt. Dann galt der Mensch doch als kreativ und heute ist der Begriff inflationär. Wer will nicht kreativ sein? Und wer die Welt retten will, muss sowieso kreativ sein. Kunst galt immer als kreativ. Auch die Werbung erhebt diesen Anspruch, aber ist Verkaufsrhetorik wirklich kreativ? Globale Begeisterung löst aktuell die „Disruption“ aus: Also Gewachsenes allerorten zerstören und aus dem Chaos das „Wohl der Menschheit“ neu schaffen. Hinzu gesellen sich schnell Eitelkeit, Gier und dramatische Folgen. Kreativität ohne Ethik kann übrigens schnell in Wahnsinn umschlagen, wie der Totalitarismus zeigte, dessen ideologische „Kreativität“ Abermillionen ermordeter Menschen hinterließ. Der Transhumanismus unserer Tage wiederum arbeitet längst an der kreativen Optimierung des Menschen. Stichwort: Künstliche Intelligenz! Sollten wir doch noch zu Göttern werden? Oder posthumanistisch gefragt: Sind Maschinen kreativer als wir und werden wir als Auslaufmodell der Evolution gegen sie verlieren? Also: Was ist denn heute eigentlich kreativ und was nicht? Wir müssen nüchtern bleiben und den Begriff der „Kreativität“ inklusive seiner Geschichte perspektivisch und kritisch reflektieren.